Einen Entwurf, wie die Niedersprockhöveler Kirche St. Januarius in Zukunft aussehen könnte, haben die Architekten Gido Hülsmann und Daniel Leseberg vom Bochumer Büro soan am Dienstag, 5. November, rund 60 Gemeindemitgliedern und weiteren Interessierten vorgestellt und gemeinsam mit Pfarrer Holger Schmitz die zahlreichen Fragen der Gäste beantwortet. In den Händen der Architekten ist unter Berücksichtigung der Ideen, Wünsche und Eingaben von Gemeindemitgliedern aus mehreren Workshops und anderen Treffen ein Entwurf von sakralem und Gemeinderaum unter einem Dach entstanden, bei dem der Kirchraum nun symmetrisch ist. „Eine der Rückmeldungen aus den gemeinsamen Runden vor Ort war: ,Wir sehnen uns nach Symmetrie in der Kirche. Denn irgendwie ist sie jetzt komisch.‘“, zitierte Daniel Leseberg. Zu weiteren Wünschen gehörte: „Ein Spitzbogen wäre schön.“
Würde der soan-Entwurf umgesetzt, stünden Besucherinnen und Besucher, die durchs Hauptportal das Gotteshaus betreten, in einem von hellem Holz, wie zum Beispiel Douglasienholz, geprägten Kirchraum. Er nehme, so Leseberg, die ursprüngliche „Scheunenkirchen“-Architektur aus der Gründungszeit der Kirche auf. Durch einen Spitzbogen an Stelle des jetzigen Leichtbauornaments im Bereich des bisherigen Altars fiele der Blick der Besucherinnen und Besucher auf den „lichten Ort für das Wort“, wie Architekt Gido Hülsmann den im soan-Entwurf weiß geputzter Bereich nennt. Er könne als Taufraum oder für Wortgottesfeiern genutzt werden – der Ambo davor oder darin platziert werden.
Der Altar würde, statt wie bisher vor den Stufen dieses Chorraums, nun in der Mitte der Kirche angeordnet. Dem Entwurf folgend könnten in der Messe der Zelebrant am Altar und die Gemeinde gemeinsam in diesen „lichten Ort“, in Richtung Osten danken, so Hülsmann. Denn die von den Architekten vorgeschlagene U-Form der Bestuhlung würde sich in diese Richtung öffnen, „also in empfangender Geste“, wie er es formuliert. Zwei Stuhlreihen könnten bei Bedarf um eine dritte Reihe erweitert werden.
Während an der rechten Seite des Kirchen-Innenraums der Kreuzweg zu finden wäre, nähme am Ende dieser Wand – die Linie der Wand fortführend – ein transparenter Vorhang das Licht und die Farben des bestehenden Buntglasfensters auf. Für den Raum hinter diesem besonderen Vorhang und vor dem Fenster haben die Architekten an eine Sakramentskapelle gedacht, in der Tabernakel und Ewiges Licht ihren Platz finden könnten.
Der besondere architektonische Punkt, der den Fortbestand der Kirche St. Januarius sichern soll, ist allerdings die linke Wand des Kircheninnenraums. Die Wand mit vier Flügeltüren trennt und verbindet gleichermaßen den rund 220 Quadratmeter großen Kircheninnenraum und diesen rund 110 Quadratmeter großen Gemeindebereich. „mit diesen Türen entsteht eine Durchlässigkeit zwischen den beiden Räumen“, sagt Gido Hülsmann. Im besonders gut besuchten Gottesdienst zu Weihnachten oder zur Erstkommunion lassen sich flexibel zusätzliche Stühle in den Gemeindebereich platzieren und die Flügeltüren geben den Blick frei auf den Gottesdienst. Zum Beispiel beim Gemeindefest kann wiederum auch ein Teil der Kirche für Gäste genutzt werden, weitere Tische und Sitzgelegenheiten könnten hier einen Platz finden.
Für den Gemeindeteil haben die Architekten neben den WCs, Garderobe und Teeküche bodentiefe Fenster in den vorhandenen Erkern mit Giebeln vorgesehen. Der existierende Nebeneingang wird der direkte Zugang zum Gemeindebereich in der Kirche. Außerdem statt des bisherigen Gemeindeheims genutzt würde das benachbarte, rund 135 Quadratmeter große Erdgeschoss des alten Pfarrhauses. Hier ergäben sich zwei nutzbare Räume, plus der Raum für die Pfadfinder, die auch weiter ihr Material in den aktuell von ihnen dafür genutzten Kellerräumen zur Verfügung hätten. Zum Umbau würde auch gehören, fürs Pfarrhaus Barrierefreiheit herzustellen. Beim Gemeindeteil in der Kirche würde das Niveau ebenfalls auf Höhe des Kirchplatzes angepasst.
Die reine Umbauzeit schätzt Gido Hülsmann auf neun bis zwölf Monate. Die Planungsphase würde vermutlich etwa zwei Jahre dauern. Die aktuelle Kostenschätzung für den Umbau liegt bei rund 970 000 Euro. „Der größte Teil der Finanzierung wird durch die Pfarrei bestritten werden. Für einen deutlich kleineren ist die Akquise von Drittmitteln vorgesehen“, betont Pfarrer Holger Schmitz und ist darüber zuversichtlich: „Herrscht einmal Klarheit über das Ziel der Reise, dann sind auch die Menschen bereit, diesen Weg der Gestaltung aktiv zu bestreiten.“ Würde der Kirch-Umbau dem soan-Entwurf folgen, hätte die Gemeinde St. Januarius „die modernste Kirche der Pfarrei“.
KASTEN
· Das „Team Januarius“ aus Gemeindemitgliedern lädt am 23. November, ab 10.30 Uhr zu einem Workshop ein, bei dem alle Ideen, Gedanken und Anmerkungen zum Architektenentwurf gesammelt werden. Um 12 Uhr stoßen dann Mitglieder des Kirchenvorstands dazu, also diejenigen, die über das Vorgehen und einen Umbau am Ende entscheiden werden.
· Unter dem Titel „Unsere Kirche bleibt im Dorf“ läuft seit Sommer 2022 das Projekt einer Weiterentwicklung des Kirchorts mit Beteiligung der Öffentlichkeit. Hintergrund für die nötigen Veränderungen ist einerseits der Pfarreientwicklungsprozess (PEP) der Pfarrei St. Peter und Paul, Witten, Sprockhövel, Wetter, andererseits der Wunsch des Kita-Zweckverbands des Bistums Essen als Trägerin der Kita St. Januarius, den Standort zu sichern beziehungsweise auszubauen.
· Angesichts des Rückgangs von Kirchenmitgliedern und damit Kirchensteuern vor Ort wurde im Bistum Essen der Pfarreientwicklungsprozess gestartet, der im Fall der Pfarrei St. Peter und Paul, Witten, Sprockhövel, Wetter, nach der Prüfung von Standorten, Angeboten, Strukturen und Prioritäten im Jahr 2018 zum Votum für eine Liste von Sparmaßnahmen führte. Die Kirche St. Januarius in Niedersprockhövel wurde dabei als B-Standort eingeordnet. Damit steht nur noch bis zum Jahr 2030 Geld aus Haushaltsmitteln der Pfarrei für sie bereit. Das Gemeindeheim St. Januarius ist ein A-Standort und die laufenden Kosten werden weiter finanziert.
(kook/kook)