Rund 120 Männer, Frauen und Kinder kamen zur Letzten Heiligen Messe in der Kirche St. Antonius in Witten-Buchholz, um Abschied zu nehmen. Es seien „gemischte Gefühle“, die diesen Gottesdienst begleiten, sagte Pfarrer Holger Schmitz bei der Begrüßung, „im Wissen, dass über 60 Jahre Kirchen- und Gemeindegeschichte hier an ein Ende kommen.“ Auf der einen Seite Trauer. Auf der anderen Dankbarkeit „für alles, was über die vielen Jahre hinweg St. Antonius zu einer besonderen und persönlichen Begegnungsstätte zwischen Himmel und Erde hat werden lassen“.
Weihbischof Wilhelm Zimmermann, der nach Buchholz gekommen war, um mit Pfarrer Schmitz und Pastor Wieland Schmidt als Konzelebranten die letzte Heilige Messe zu feiern, sagte in seiner Predigt: „Dies ist heute natürlich kein schöner Tag. Eher ein trauriger und ich bin gekommen, dies auch deutlich zu sagen und um der Trauer den nötigen Raum zu geben.“ Aber auch er betonte, dass Erinnerungen nicht nur Trauer hervorrufen könnten, sondern auch Dankbarkeit auslösen. „Dankbarkeit für viele Stunden und Jahre durch ein lebendiges und frohes Gemeindeleben. Dankbarkeit für die vielen Begegnungen mit anderen Menschen.“ So gehöre an diese Stelle auch der Dank an alle, die seit dem Bau der Kirche 1961/1962 das Leben der Gemeinde verantwortlich mitgetragen und mitgestaltet hätten.
Das Leben sei aber auch Veränderung und kirchliches Leben vollziehe sich durch Veränderung, so Weihbischof Zimmermann weiter. „Der Veränderungsprozess in unserer Kirche hat nie aufgehört“, sagte er und spannte einen Bogen von den Missionsreisen des Apostels Paulus über das Zweite Vatikanische Konzil bis zu den nun in allen deutschen Bistümern laufenden Anpassungen der äußeren Strukturen angesichts der vielfältigen finanziellen Lasten, die nicht mehr zu tragen seien, und der sinkenden Zahl von Gläubigen. Gleichzeitig sei allen eine Hoffnung geschenkt, „die größer ist als alles, was wir Menschen durch unsere Bauwerke ausdrücken können: Leben und Zukunft“.
Nachdem der Weihbischof die letzte Eucharistiefeier mit den Anwesenden gefeiert hatte, wurde das Allerheiligste von Diakon Stefan Back und einigen Messdienern aus der Kirche St. Antonius herausgetragen und in die Kirche St. Peter und Paul in Herbede gebracht. Währenddessen sammelte sich die Gemeinde vor und neben der Kirche. „An einem solchen Tag soll niemand damit alleine sein“, sagte Pfarrer Holger Schmitz. Die Buchholzer Pfadfinderinnen und Pfadfinder hatten eine Jurte und einen Grill aufgebaut und schenkten fleißig Getränke aus. Der DPSG-Stamm wird auch weiterhin vor Ort bleiben können.
Mit der Feier der letzten Heilige Messe, der Außerdienststellung und der anschließenden Profanierung als bischöflicher Rechtsakt sind die Voraussetzungen für die nicht mehr liturgische Nutzung des Kirchengebäudes geschaffen. Der Investor, die bmh architekten GmbH aus Bochum, kann dann mit der Umsetzung seiner Pläne beginnen. Das Kirchgebäude wird erhalten, im bisherigen Gottesdienstraum im Erdgeschoss entstehen zwei Wohnungen und außerdem werden auf dem dazugehörigen Grundstück neun Wohnhäuser gebaut. Zum Modell des „nachbarschaftlichen Wohnens“, bei dem auf dem Areal Flächen gemeinschaftlich genutzt werden, gehört auch, dass die Buchholzer Pfadfinder weiterhin eine Heimat vor Ort finden werden. „Wir glauben, dass das, was hier entsteht, für uns zwar eine neue Herausforderung bedeutet, aber auch eine neue Chance mit sich bringt“, sagt Rico Rosengarten (28), der seit elf Jahren zum DPSG-Stamm gehört und DPSG-Leiter ist.
Zum Hintergrund
Die Entscheidung, die Kirche samt Außengelände in andere Hände zu geben, wurde bereits 2018 im Rahmen des sogenannten Pfarreientwicklungsprozesses (PEP) per Votum entschieden. Im Pep hatte die Pfarrei St. Peter und Paul Witten zuvor, wie alle Pfarreien im Bistum Essen, Standorte, Angebote, Strukturen und Prioritäten geprüft, mit den Gemeindemitgliedern diskutiert und über Sparmaßnahmen entschieden. Hintergrund für den PEP im Bistum Essen ist der Rückgang von Kirchenmitgliedern/ Kirchensteuern und die damit verbundenen geringeren finanziellen Möglichkeiten vor Ort. Die ursprüngliche PEP-Terminplanung hatte vorgesehen, St. Antonius im Jahr 2020 zu schließen. Auch die Corona-Pandemie zögerte diesen Prozess heraus. Deshalb wurde die Kirche bis jetzt weiter genutzt.
Fotos: Benno Jacobi, Claudia Kook, Elias Kramer, Martin Kramer
(kook/kook)