Gemeindereferentin Dorothee Janssen hat sich drei Monate auf den Weg gemacht. In ihrer Sabbatzeit verließ sie die heimische Pfarrei St. Peter und Paul Witten – Sprockhövel – Wetter und entdeckte unterwegs mit öffentlichen Verkehrsmitteln Nordrhein-Westfalen, das ländliche Sachsen und zum Schluss das Kloster St. Hildegard in Rüdesheim.
Am Anfang stand die Ratlosigkeit. „Mit Blick auf meine Berufung in einem unübersichtlichen, sich verändernden Arbeitsfeld“, erklärt Gemeindereferentin Dorothee Janssen die Beweggründe, sich auf den Weg zu machen. Und zwar wortwörtlich. Drei Monate hatte sie sich dafür Zeit genommen – Sabbatzeit. „So wie der Sabbat in jeder Woche, an dem man sich erholt von der getanen Arbeit einer Woche und darauf schaut, was man geschafft hat, so ist es auch mit der Sabbatzeit: Keine Termine, keine Aufträge, aber der Blick auf das, was man im Leben tut.“
Die Sabbatzeit von Dezember bis Februar hatte Dorothee Janssen gedrittelt. Den ersten Teil verbrachte sie in Nordrhein-Westfalen, bepackt mit Rucksack und unterwegs mit öffentlichen Verkehrsmitteln. „Da habe ich zuerst einmal gelernt, mich zu reduzieren, damit der Rucksack nicht zu schwer wird. Und trotzdem wog er seine 16 Kilo“, sagt Dorothee Janssen lachend. Dass so schweres Gepäck aber auch zur Qual werden kann, das merkte sie vor allem im letzten Abschnitt ihrer NRW-Reise, der ins Kloster Vinnenberg führte: „Jeder fährt dort mit dem Auto, um seine Dinge zu erledigen. Für mich eine spannende und zugleich mühselige Erfahrung, die fünf Kilometer zum Kloster zu laufen.“
Trotzdem bemerkte die 62-Jährige, dass in NRW die Infrastruktur so gut und engmaschig ist und sie stellte fest: „Ich musste aber weiter weg. Denn in unseren Ballungsräumen kommt man gut von A nach B und ist schnell mit Lebensmitteln und dem Nötigsten versorgt.“ Aber wie sieht das im ländlichen Sachsen aus? „Eine tolle Erfahrung in dörflichen Strukturen, in denen die Menschen nah beieinander sind, viel miteinander reden und die Kirche übrigens als Versammlungsort dient. Nicht unbedingt für katholische oder evangelische Gottesdienste, sondern eben als Mittelpunkt des Dorfes, an dem man zusammenkommt und miteinander spricht“, erzählt Janssen begeistert von den Erfahrungen dort. Dass sie als katholische Gemeindereferentin in eine nicht-katholische Gegend reiste, war eine bewusste Entscheidung, „aber auch nirgendwo ein Problem. Niemand hatte Vorbehalte mir gegenüber, ganz im Gegenteil, ich habe ein Gemeinschaftsgefühl erlebt, was mir zu Hause häufig fehlt“
Räume der Begegnung in der Pfarrei erschließen
Deshalb hat sie sich nach ihrer Sabbatzeit vorgenommen, auch in der Heimatpfarrei St. Peter und Paul Räume zu schaffen, in denen Menschen sich einfach begegnen und miteinander austauschen können – ganz ohne großen Bildungsanspruch. „Da ich unterwegs mit dem Rucksack auch immer wieder Waschsalons aufsuchen musste und dort die tollsten Begegnungen und Gespräche hatte, dachte ich zwischendurch: Wie wäre es mit einem katholischen Waschsalon?“, erzählt sie lachend. Aber in der Tat denkt sie an ganz niederschwellige Angebote wie Gemeindefest, Gesprächskreise, Kaffeetreffen. „Wir brauchen wieder mehr Leben um und in unseren Kirchen.“
Die letzte Station der Sabbatzeit führte Dorothee Janssen ins Kloster St. Hildegard in Rüdesheim, eine gute Gelegenheit, um alle Erlebnisse in Ruhe Revue passieren zu lassen. Und was nimmt die Gemeindereferentin aus der Sabbatzeit mit? „Zunächst die Erkenntnis, dass alles in Ordnung ist, so wie es ist. Das hat mir viel Druck für meine Arbeit genommen. Aber auch die Gewissheit, dass Gott immer anwesend ist, was im Arbeitsalltag manches Mal untergeht. Ich nehme mir nun viel bewusster mehr Zeit zum Beten und habe den Rosenkranz als Zeit der Meditation wiederentdeckt.“ Und für die Gemeindearbeit? „Ich würde gerne in unserer Pfarrei Räume der Begegnung erschließen, um miteinander mehr in den Austausch zu kommen. Und zwar nicht nur in den Sonntagsmessen.“
Text: Patrizia Labus
Foto: Claudia Kook