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Öffentlich gefeierte Gottesdienste werden wieder möglich

Brief unseres Bischofs Dr. Franz-Josef Overbeck

Anfang des Briefes vom 24. April 2020
Anfang des Briefes vom 24. April 2020

24. April 2020

Liebe Schwestern und Brüder,
am vergangenen Donnerstag hat Ministerpräsident Armin Laschet mitgeteilt, dass es ab dem 1. Mai in Nordrhein-Westfalen wieder möglich sein kann, öffentliche Gottesdienste zu feiern, wenn dabei alles getan wird, um das Corona-Infektionsrisiko so gering wie möglich zu halten. Viele Gläubige wird das sehr freuen, weil der Verzicht auf unsere liturgischen Feiern in den zurückliegenden Wochen sehr schmerzhaft war. Manche wird aber auch die Sorge umtreiben, wie es überhaupt gelingen kann, unter den Bedingungen einer Pandemie, in würdiger Weise Gottesdienste zu halten.
Darüber wird in den letzten Tagen innerhalb unserer Kirche bereits kontrovers diskutiert. Zugleich
hat es auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz sowie insbesondere unter den (Erz-)bistümern in Nordrhein-Westfalen viele Überlegungen gegeben.

In Nordrhein-Westfalen haben wir uns auf einige Maßnahmen verständigt, die wir unseren Pfarreien und Gemeinden sowie den Verantwortlichen für alle Orte, an denen Gottesdienste gefeiert werden, als Orientierungsrahmen vorgeben. Für unser Bistum bin ich mir bewusst, dass hierzu nicht alles zentral vorgegeben und geregelt werden kann. Die Situationen vor Ort sind sehr unterschiedlich; darum sind Sie in Ihren Pfarreien und Gemeinden gefragt, nach Ihren eigenen Überzeugungen und in eigener Verantwortung die jeweils angemessenen Lösungen zu finden.

Wenn wir nun ab dem 1. Mai wieder Gottesdienste feiern können, dann setzt das eine grundsätzliche Haltung voraus: Wir befinden uns nach wie vor in einer Pandemie und sind gesamtgesellschaftlich dabei, Wege zu finden, um in den nächsten Monaten mit dem Corona-Virus und den damit verbundenen Gefahren zu leben. Darum kehren wir jetzt auch nicht in eine Normalität unseres Gottesdienst- und Gemeindelebens zurück, wie wir es aus der Zeit vor der Corona-Pandemie kennen. Die Infektionsgefahr durch das Virus ist immer noch groß. Gerade mit Blick auf viele Menschen in unseren Gemeinden, die zur Corona-Risikogruppe gehören und die wir deshalb besonders schützen müssen, ist weiterhin Vorsicht geboten. Darum bitte ich ausdrücklich darum, dass Gläubige, die zu den sogenannten Risikogruppen gehören – also beispielsweise ältere Menschen mit Vorerkrankungen – vorerst weitgehend auf die Teilnahme an Gottesdiensten verzichten. Wer sich krank fühlt oder Krankheits-Symptome verspürt, sollte in jedem Fall dem Gottesdienst fern bleiben. Mir ist deshalb auch sehr wichtig, noch einmal zu bekräftigen, dass das sogenannte „Sonntagsgebot“ bis auf Weiteres aufgehoben bleibt.

Entscheidend für die Feier von Gottesdiensten ist also vor allem eines: Der Gesundheitsschutz durch Hygieneregeln und Abstandsgebote hat in jedem Fall Vorrang. Gottesdienste – insbesondere Eucharistiefeiern – können nur dort gefeiert werden, wo diese Regeln eingehalten werden können. Selbstverständlich ist es auch denkbar, in dieser Zeit verstärkt Wortgottesdienste zu halten und damit auch alternative liturgische Feiern zu entwickeln. In jedem Fall können die gemeinsam mit den fünf (Erz-)Bistümern in Nordrhein-Westfalen erarbeiteten Orientierungen helfen, den Gesundheitsschutz einzuhalten.

Für unser Bistum bedeutet die Aufhebung des grundsätzlichen Verzichts auf Gottesdienste also nicht, dass überall alle Gottesdienste wieder wie gewohnt gefeiert werden. Es liegt im Ermessen der Verantwortlichen in den Pfarreien, Gemeinden und Einrichtungen, was jeweils für Sie vor Ort sinnvoll möglich und verantwortbar ist. Stimmen Sie sich dazu in den nächsten Tagen untereinander ab und suchen Sie die für Sie passenden Lösungen. Nutzen Sie dazu die beigefügten Empfehlungen als Orientierung. Sicher werden wir in den ersten Tagen und Wochen auch experimentieren müssen, denn eine Situation wie die, in der wir uns jetzt befinden, haben wir noch nie erlebt. Darum bitte ich sehr um Verständnis, dass wir nicht zentral für das gesamte Bistum alle Fragen regeln und klären können. Vielleicht kann es aber helfen, wenn Sie sich innerhalb Ihrer Städte und Kreise untereinander verständigen und Absprachen treffen. Selbstverständlich stehen Ihnen die bekannten Ansprechpartnerinnen und -partner im Bischöflichen Generalvikariat bei Bedarf beratend zur Verfügung.

Mir ist bewusst, dass die Bedingungen, unter denen wir in diesen Tagen Gottesdienste halten können, bei vielen von Ihnen für Irritationen sorgen werden und die Gottesdienste selbst vielleicht nicht die Kraft entfalten können, die wir von diesen Feiern gewohnt sind. Enttäuschungen werden sich in der aktuellen Situation kaum verhindern lassen. Sicher wird es auch unterschiedliche Regelungen in den Pfarreien und Diözesen geben, die Diskussionen auslösen werden. Zudem gehen auch die Meinungen darüber auseinander, welche Maßnahmen angemessen, und welche Maßnahmen übertrieben sind. Ich weiß auch, dass anderenorts in Deutschland in einzelnen Diözesen zudem detailliertere Vorgaben gemacht werden, die sich vielleicht auch der eine oder andere für unser Bistum wünscht. Ich halte es aber für klüger, auf Ihre Eigenverantwortung zu setzen, da Sie vor Ort oft besser einschätzen und beurteilen können, was für Ihre jeweilige Situation sinnvoll und machbar ist. Unterschiede und Meinungsverschiedenheiten werden wir aushalten müssen in dem Bewusstsein, dass niemand genau weiß, was derzeit richtig ist. Ich bitte sehr darum, dass wir in diesen Zeiten weiterhin achtsam, solidarisch und besonnen bleiben – und nicht zuletzt auch geduldig im Umgang miteinander.

Lassen Sie uns wie bisher auch jenseits gemeinsamer Gottesdienste Kirche sein in dieser für viele Menschen schwierigen Situation auch ohne physische Kontakte. Halten Sie per Telefon, E-Mail oder Video-Chat Kontakt zu Freunden, Angehörigen und anderen Gemeindemitgliedern. Informieren Sie sich zudem auf der Internetseite Ihrer Pfarrei über besondere lokale Angebote und nutzen Sie die regelmäßig aktualisierten Übersichten auf der Internetseite unseres Bistums (www.bistum-essen.de) zum Beispiel zu Gottesdienst-Übertragungen im Internet, Radio und Fernsehen.

Die nun eröffnete Möglichkeit, wieder Gottesdienste feiern zu können, ist für mich ein kleiner, vorsichtiger Schritt in dieser Krise. Wir werden ihn gehen, mit Bedacht und der ständigen Sorge, nicht durch unsere Feiern die Ausbreitung des Virus zu beschleunigen. Wichtig ist mir, dass wir als Christen insgesamt beieinander und miteinander verbunden bleiben: im persönlichen Gespräch per Telefon und auf anderen elektronischen Wegen, im aneinander Denken und solidarisch füreinander Sorgen – und vor allem im Gebet.

Ihnen allen übermittele ich meine herzlichen Grüße und Segenswünsche. Bleiben wir beieinander und miteinander verbunden
Ihr

Franz-Josef Overbeck
Bischof von Essen

 

(Berretz)